GAU: Was tun im Ernstfall?

Wie reagieren, wenn sich ein Reaktorunfall wie in Fukushima in Philipsburg oder im nahen Frankreich ereignet? Verhaltensregeln für den Ernstfall. 

 

Sperrzone: Bei einem Atomunfall wird das Unglücksgebiet weiträumig evakuiert 

Die Atomkatastrophen in Tschernobyl und Fukushima haben uns mit Entsetzen vor Augen geführt, dass das „Unvorstellbare“ passieren kann: Ein Super-Gau, Mensch und Umwelt werden weit über die Grenzen der Atomanlage hinaus einer gefährlichen Strahlenbelastung aussetzt. In Deutschland erscheint das Risiko recht klein, dass ein Atomkraftwerk durch Naturkatastrophen wie Erdbeben zerstört wird. „Die größte Gefahr geht meiner Ansicht nach von Terroranschlägen aus“, sagt Prof. Günter Kaindl, emeritierter Atomphysiker an der Freien Universität Berlin. „Aber ich möchte betonen, dass in der Bundesrepublik bisher noch kein Mensch durch einen Reaktorunfall ums Leben gekommen ist.“

Dennoch kann es nicht schaden, sich mit der Möglichkeit eines atomaren Ernstfalls zu beschäftigen. „Die folgenden Verhaltensempfehlungen sollen dazu anregen, sich ernsthaft mit der Situation auseinanderzusetzen“, empfiehlt Prof. Edmund Lengfelder, Strahlenmediziner und emeritierter Professor für Strahlenbiologie an der Ludwig-Maximilian-Universität München. Aber bitte keine Panik: Man muss weder Gegner noch Befürworter von Atomkraft sein, um darauf zu verweisen, dass die Gesundheitsrisiken, denen wir im täglichen Leben ausgesetzt sind, tausendfach höher sind als die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland Opfer eines Reaktorunfalls zu werden. „Gehen Sie alles einmal in Ruhe durch und prägen Sie sich die wichtigsten Regeln gut ein“, rät Lengfelder, der auch Begründer der Gesellschaft für Strahlenschutz e. V. und Leiter des Otto Hug Strahleninstituts München ist, in dem sich Strahlenexperten ehrenamtlich für die Aufklärung der Bevölkerung über atomare Gefahren und für die Langzeithilfe der Strahlenopfer in Tschernobyl einsetzen.

 

Katastrophenalarm: Der wird bei einem Super-GAU ausgelöst 

Die Abkürzung GAU bedeutet größter anzunehmender Unfall. Es ist die Unfallart, von der die Atomindustrie annimmt, dass er eventuell passiert, bei dem Schäden und radioaktive Verstrahlung sich jedoch nur auf das Innere der Reaktoranlage begrenzen und keine Gefahr für die Bevölkerung besteht. Kurz gesagt: Ein GAU muss mittels Sicherheitsvorkehrungen innerhalb der Anlage vollständig beherrschbar sein.

Das Wort Super-GAU beschreibt jeden über die Unfallstufe „GAU“ hinausgehenden Unfall, von dem die Atomindustrie nicht annimmt, dass er passiert. Das Atomkraftwerk ist dann nicht mehr unter Kontrolle. Ein Super-GAU führt zu einer Strahlenbelastung von Mensch und Umwelt in weitem Umkreis, so wie bei der Atomkatastrophe in Tschernobyl.

 

Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es in Deutschland? 

In Deutschland gibt es eine Vielzahl von Sicherheitsvorkehrungen, die Unfälle in Atomkraftwerken (AKW) verhindern sollen. Angefangen beim Standort eines AKW, der strengen geografischen Anforderungen genügen muss, zum Beispiel Erdbeben- und Hochwassersicherheit. Die Umgebung soll nicht zu dicht besiedelt sein und das AKW darf sich nicht in einem Gebiet mit großem Flugverkehr befinden, um das Unfallsrisiko durch einen Flugzeugabsturz gering zu halten.

In Atomkraftwerken selbst verhindern laut Bundesamt für Strahlenschutz verschiedene Barrieren den Austritt radioaktiver Stoffe:

- Die Brennelemente sind in dem dickwandigen und gekühlten Reaktordruckbehälter eingeschlossen.

- Der Reaktordruckbehälter befindet sich in der Sicherheitshülle, dem Reaktorsicherheitsbehälter (Englisch Containment). Diese soll den radioaktiven Inhalt auch bei Störfällen sicher einschließen.

- Der Reaktorsicherheitsbehälter befindet sich im Reaktorgebäude, das gegen äußere Einwirkungen schützt.

Deutsche Kernkraftwerke sind ferner gegen technische Störungen in der Anlage, zum Beispiel einen Defekt der Kühlmittelleitungen, Stromausfall oder Brand gesichert. Auch gegen Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Überflutung gibt es Schutzmechanismen.

 

Was passiert bei einem Störfall, für den die Anlage nicht ausgelegt ist? 

In diesem Fall gibt es zusätzliche Notfallmaßnahmen wie Druckentlastung des Reaktordruckbehälters, Notstromversorgung und zusätzliche Kühlwasserspeisung. Diese Notfallmaßnahmen sollen eine drohende Kernschmelze verhindern oder die Auswirkungen auf die Umgebung möglichst klein halten. „In allen deutschen Kernkraftwerken sind für solche Notfälle die Vorgehensweisen und Strategien im Notfallhandbuch des jeweiligen Kraftwerkes beschrieben“, heißt es vom Bundesamt für Strahlenschutz.

 

Was passiert, wenn es trotz allem zum Austritt von Radioaktivität kommt?

 

Die sogenannten „Rahmenrichtlinien für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“ regeln so detailliert wie möglich, welche Maßnahmen bei einem Super-Gau ergriffen werden. Das beginnt damit, dass der Betreiber der Anlage verpflichtet ist, den zuständigen Behörden genaue Auskunft über den Störfall und die befürchteten Folgen zu erteilen. Der Katastrophenschutz wird sodann auf Länderebene umgesetzt und verläuft gemäß der vorher erarbeiteten Katastrophenpläne der Behörden. Es gibt zum Beispiel Checklisten, die im Ernstfall von Polizei, Feuerwehr und anderen zuständigen Stellen abgearbeitet werden. Zur Information und Warnung der Bevölkerung liegen Mustertexte vor, die – angepasst an die konkrete Situation – über die Medien verbreitet werden und leicht verständlich erklären, was zu tun ist und wie sich der Einzelne schützen kann.

 

Wie soll sich die Bevölkerung bei einer Atomkatastrophe verhalten? 

Wenn es tatsächlich zu einem Reaktorunfall kommt, empfehlen Strahlenexperten eine Reihe von Verhaltensweisen. „Voraussetzung, dass die Menschen diese Regeln befolgen können, ist die umfassende Information durch die Behörden über Radio und andere Medien“, sagt Lengfelder.

 

Im Haus bleiben 

„Der sicherste Platz ist Zuhause“, sagt Lengfelder. Gebäude aus Stein, wie sie in Deutschland ohnehin üblich sind, bieten einen recht guten Strahlenschutz. Der Aufenthalt in geschlossenen Räumen hilft, weniger radioaktive Substanzen einzuatmen, und schirmt von der Strahlung ab.

 

Fenster schließen 

Um den Luftaustausch mit der kontaminierten Außenluft so gering wie möglich zu halten, müssen alle Fenster geschlossen bleiben und Lüftungen sowie Klimaanlagen ausgeschaltet werden.

 

Fensterloser Kellerraum am sichersten 

Am besten abgeschirmt sind Menschen in innenliegenden Räumen oder fensterlosen Kellern. Das umliegende Erdreich dient als Barriere gegen die Strahlung.

 

Kleider wechseln und die Haut gründlich waschen 

Wenn sich der Atomunfall nicht während der Nacht ereignet hat, ist es wahrscheinlich, dass die Mehrheit der betroffenen Bevölkerung zum Zeitpunkt des Unglücks unterwegs ist. Die Behörden werden dazu auffordern, geschlossene Gebäude aufzusuchen, nach Möglichkeit den eigenen Wohnort. Dabei ist es wichtig, eventuell kontaminierte Bekleidung vor Betreten der Wohnung abzulegen und draußen aufzubewahren. Nicht bedeckte Körperteile müssen zuerst gründlich unter fließendem Wasser gewaschen werden. Erst danach sollte der ganze Körper unter die Dusche. Das draußen benutzte Spielzeug von Kindern darf nicht mit ins Haus genommen werden.

 

Radio hören 

Bei Sirenensignalen Radio einschalten. Das Radio gilt als die erste Verbreitungsquelle von behördlichen Informationen und Warnungen. Über Radio und andere Medien erfährt die Bevölkerung auch, ob und wann die Einnahme von Jodtabletten erforderlich ist.

 

Polizei nur im Notfall anrufen

 

Angst ist verständlich im Falle eines Reaktorunglücks. Dennoch sollte die Polizei oder Feuerwehr nur bei einem Notfall alarmiert werden, damit die Leitungen frei bleiben für Menschen, die in akuter Gefahr sind.

 

„Was aus dem Freien kommt, zum Beispiel Obst und Gemüse, ist bei einem Reaktorunglück tabu“, warnt Lengfelder. Radioaktive Stoffe aus der Luft setzen sich auf Oberflächen ab, darum darf man nichts essen, was draußen gewachsen ist. Vorsicht auch bei Milch: Sofern sie von Kühen stammt, die auf der Weide gehalten werden, kann sie radioaktiv verstrahlt sein. Keine Gefahr geht meist von Tiefkühlprodukten und Konserven aus, sofern sie vor dem Unglück produziert wurden. Auch aus dem entfernten Ausland importiertes Obst und Gemüse ist unbedenklich. Sicher ist üblicherweise auch das Trinkwasser, das in Deutschland vorwiegend aus Grundwasser gewonnen wird. Es wird zudem ständig kontrolliert und bei radioaktiver Belastung nicht in das Trinkwassernetz eingespeist. „Molkereiprodukte sowie Fleisch müssen systematisch auf radioaktive Verstrahlung gemessen werden, bevor sie auf den Markt kommen“, sagt der Strahlenbiologe. Sein Rat, falls es wirklich zur Katastrophe kommt: „Ein Vorrat zu Hause ist immer gut. Familien, die nicht genügend Lebensmittel zu Hause haben und nach draußen zum Einkaufen müssen, sollen ältere Familienmitglieder losschicken. Ältere Menschen reagieren nicht ganz so empfindlich auf eine Strahlenbelastung wie Jüngere und vor allem Kinder.“

 

Wie funktioniert eine Evakuierung? 

Auch Evakuierungspläne liegen in den Schubladen der Katastrophenschutzbehörden. Ob ein Gebiet evakuiert wird, richtet sich nach der Strahlendosis. Die betroffene Bevölkerung wird in Notfallstationen anderer Städte und Gemeinden wie Schulen oder Turnhallen untergebracht und mit allem Nötigen (Kleidung, Lebensmitteln, ärztlicher Behandlung) versorgt.

 

Zur besseren Koordination von Sicherheitsmaßnahmen wird die Umgebung eines AKW in verschiedene Zonen und diese in jeweils zwölf Sektoren unterteilt:

  • Zentralzone (Radius von zwei Kilometern um das AKW)
  • Mittelzone (10 Kilometer Radius)
  • Außenzone (25 Kilometer Radius)
  • Fernzone (100 Kilometer Radius)

Die Evakuierung richtet sich nach den vorliegenden Messergebnissen der radioaktiven Belastung und nach den vorhergesagten Wetter- und Windverhältnissen, anhand derer sich prognostizieren lässt, welche Zonen oder Sektoren besonders betroffen sein werden. Genauere Informationen finden Menschen, die in der Nähe eines Atomkraftwerks wohnen, auch in den Broschüren des Kraftwerkbetreibers.

 

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